Teilprojekte | Projektbereich B | Räume digitaler Mediatisierungen

B02
Control/Space: Die Räumlichkeit digitaler Infrastrukturen in Kontexturen, Karten und Diskursen

In der ersten Förderphase stand die Frage im Mittelpunkt, wie sich die digitale Mediatisierung auf die Arbeit von und in Kontrollräumen auswirkt. Veränderungen der translokalen Kontrollarbeit zeigten sich besonders in der Polykontexturalisierung, also der gleichzeitigen Beobachtung und Steuerung verschiedenster Räume. Ermöglicht wird dies durch die digitale Integration der Kontrollzentren, die menschliches Kontrollhandeln als Teil von cyber-physischen Systemen mit den kontrollierten Räumen verbindet.

Ausgehend von den Kontroll- und Datenzentren „des Internets“ fokussieren wir in der zweiten Förderphase auf die Räumlichkeit digitaler Infrastrukturen. Wir nutzen dabei die Einsicht aus der ersten Phase, dass die Kontrolle von Infrastrukturen trotz fortschreitender Automatisierung auf deutende Handelnde angewiesen bleibt. Da digitale Infrastrukturen eine eigene Materialität und Räumlichkeit aufweisen und eng mit handlungsleitenden Repräsentationen sowie räumlichen Imaginationen verbunden sind, wird eine Ausweitung der Forschungsperspektive notwendig. Um uns der komplexen Räumlichkeit digitaler Infrastrukturen anzunähern, verfolgen wir eine dreifache Strategie: Anknüpfend an die erste Förderphase blicken wir (a) mittels fokussierter Ethnografie, Videografie und Expert*inneninterviews auf das, was als die „Kontrollräume des Internets“ verstanden werden kann, das heißt, auf die Kontexturen der Kontrollarbeit in Datenzentren und Internet Exchange Points. In einem diachronen wie synchronen Vergleich sammeln wir (b) typische Kartierungen und Mappings des Internets seit den späten 1960er Jahren und werten diese wissenssoziologisch aus. Mithilfe einer wissenssoziologischen Diskursanalyse erheben wir (c) die Imaginationen und metaphorischen Beschreibungen digitaler Räume, wie sie in staatlichen, wissenschaftlichen, unternehmerischen, netzaktivistischen und popkulturellen Texten zu finden sind. Die empirischen Einstiegspunkte bilden Deutschland und Indien.

Von der Triangulation der drei Projektebenen erwarten wir uns ein komplexes Verständnis der Räumlichkeit digitaler Infrastrukturen. Das Projekt zielt damit auf ein Verständnis der Refiguration von Räumen durch digitale Mediatisierung. Es fokussiert auf die genaue Bestimmung der Raumfigur des Netzwerks (und möglicher Konflikte mit anderen Raumfiguren) und thematisiert den Zusammenhang von Raum, infrastrukturellen Regimes und Macht auf eine vergleichende Weise, die auch Aufschlüsse über die multiple spatialities des Digitalen verspricht.

Publikationen

Phase 1 (2018-2021)

Zentren der Koordination: Die Polykontexturali­sierung von Macht in Kontrollräumen

Gegenstand des Forschungsprojektes „Zentren der Koordination“ sind Kontrollräume und Koordinationszentren, insbesondere von „Smart Cities“, die mit technischen Informations- und Kommunikationssystemen sowie Infrastrukturen ausgestattet sind, um spezifische, in einem kontrollierten Raum verteilte Vorgänge zu beobachten, zu protokollieren und zu steuern. Da diese Zentren paradigmatisch für die Translokalisierung und Mediatisierung von Räumen stehen, ist das Ziel des Forschungsprojekts, die sich durch die Mediatisierung vollziehende Re-Figuration des Raumes in der Spätmoderne exemplarisch anhand ihres Wandels zu beobachten und zu erklären.

Zum einen untersuchen wir die Mediatisierung des kommunikativen Handelns in und zwischen Kontrollräumen und den von ihnen kontrollierten oder durch sie koordinierten Räumen, die sich aus den jüngeren Veränderungen der Kommunikationstechnologien ergeben. Zum anderen erforschen wir, wie sich die wandelnde Mediatisierung auf die Art der Kontrolle auswirkt, wie sie das kommunikative Handeln in den Kontrollräumen beeinflusst und damit die Raumsynthetisierung verändert.

Um den langfristigen Wandel der Zentren seit 1990 nachvollziehen zu können, werden ältere, bereits erhobene Daten zu Kontrollräumen mit eigenen videographischen Erhebungen zu gegenwärtig im Betrieb befindlichen hiesigen Kontrollräumen und Koordinationszentren, sowie mit Forschungen zu den avancierten „Integrated Operations Center“ von Smart Cities verglichen.

Von der empirischen Analyse dieser Entwicklung versprechen wir uns eine Spezifizierung der Polykontexturalisierung von Raum, besonders hinsichtlich der Verschiebungen von sozialer Kontrolle und Macht.